Als Hitler das rosa Kaninchen stahl
19. Dezember 2019
Als Hitler das rosa Kaninchen stahl – kongeniale Verfilmung des Klassikers
Das Kinder- und Jugendbuch „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ gehört seit knapp 50 Jahren zum Standardwerk der Schullektüre in Deutschland. Mehr als 1,3 Millionen Mal wurde der Roman der im Mai 2019 verstorbenen Judith Kerr hierzulande verkauft – nur wenige Bücher schildern das Leben im Dritten Reich und die damit verbundene Flüchtlingsproblematik so eindrucksvoll und gleichzeitig verständlich wie das autobiografisch geprägte Werk. Nach einer TV-Verfilmung 1978 bekommt „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ endlich den lang erwarteten Kinofilm. Oscar-Regisseurin Caroline Link wagte sich an das Werk und liefert einen kongenialen Film zum Buch ab.
Die Geschichte einer Flucht – aus der Kinderperspektive erzählt
Berlin, 1933. Anna ist neun Jahre alt, doch von einem Moment auf den anderen ändert sich ihr Leben komplett. Ihr Vater Arthur Kemper, ein bekannter jüdischer Journalist, muss vor den Nazis nach Zürich fliehen und mit ihm seine Familie. Anna lässt alles zurück, auch ihr über alles geliebtes rosa Stoffkaninchen. Auf der Flucht über die Schweiz nach Paris bis nach London wird Anna vor immer neue Herausforderungen gestellt. Stets schwebt das Damoklesschwert über den Kempers – schafft es die Familie ins sichere Exil?
Caroline Link ist eine der erfolgreichsten Filmemacherinnen Deutschlands und genau die richtige Regisseurin, um den Klassiker zu verfilmen. Bereits ihr Oscar prämierter Film „Nirgendwo in Afrika“ drehte sich um eine jüdische Familie, die vor den Nazis fliehen musste. Mit Autorin Judith Kerr hatte sie noch telefoniert und über das Drehbruch gesprochen. „Es ist schade und sehr traurig, dass sie gestorben ist, so knapp bevor wir den Film ‚Als Hitler das rosa Kaninchen stahl‘ fertiggestellt haben. Ich hätte ihn Judith Kerr wirklich gerne gezeigt“, bedauert Link im Interview mit der Deutschen Welle.
Trotz aller Unterschiede von damals zu heute: Der Film schafft Bewusstsein für das Thema „Flüchtlinge“, so Link. „Was alle gemeinsam haben, ist natürlich das Gefühl, in einem Land zu sein, in dem man die Spielregeln nicht kennt, die Sprache nicht versteht und wieder ganz neu anfangen muss. Vielleicht gelingt es dem Film, dafür eine Sensibilität zu schaffen, was das bedeutet, für die Menschen in einem völlig fremden Land Fuß zu fassen.“
Riva Krymalowski ist sensationell
Dass die Botschaft des Buches auch auf der Leinwand so großartig rüberkommt, ist vor allem einer Newcomerin zu verdanken: Riva Krymalowski spielt die neunjährige Anna mit einer umwerfenden Natürlichkeit, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte. Ein erstaunliches Debüt der Elfjährigen, vor allem wenn man bedenkt, wer neben ihr vor der Kamera steht: Charakter-Mime Oliver Masucci („Dark“, „Er ist wieder da“) spielt Vater Arthur Kemper, Carla Juri („Feuchtgebiete“, „Blade Runner 2049“) Mutter Dorothea. Außerdem sind Filmgrößen wie Justus von Dohnányi und Ursula Werner zu sehen.
Mit diesem beeindruckenden Ensemble gelingt Regisseurin Link ein einfühlsamer Film, der den Geist des Buches hervorragend transportiert und trotzdem seine ganz eigene Bildsprache spricht. Vor allem Riva Krymalowski ist eine Sensation, die man auf keinen Fall verpassen darf. „Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ startet am 25. Dezember in den deutschen Kinos.

Mit: Riva Krymalowski, Marinus Hohmann, Carla Juri, Oliver Masucci, Justus von Dohnányi, Ursula Werner